Exerzierplatz in Erlangen: After-Work-Birden

Am Montag morgen habe ich eine Email bekommen, die mir für den Rest des Tages keine Ruhe mehr lassen sollte: am Erlanger Exerzierplatz soll heute früh ein Wiedehopf gesichtet worden sein. Der nächste Gedanke war, wie ich möglichst schnell da hin komme und mir selber ein Bild machen kann.

Der Exerzierplatz in Erlangen ist ähnlich wie die unter Gebiete beschriebe Offenfläche im Tennenloher Forst eine Hinterlassenschaft aus früheren Militärzeiten. In der Zwischenzeit hat sich dort eine große Sandmagerrasenfläche gebildet, die zwar auf der einen Seite unter großem Druck durch die Freizeitnutzung steht - auf der anderen Seite aber doch immer wieder mit verschiedenen Vögeln überraschen kann. So sind Heidelerchen, Steinschmätzer oder Braunkehlchen nichts ungewöhnliches.

Gartenrotschwanz Common Redstart on an Tree
Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus)

Dank eines frühen Feierabends und einer flotten Fahrweise konnte ich wider erwarten doch schon am frühen Nachmittag am Exerzierplatz sein. Ich habe doch sehr gehofft, den Wiedehopf tatsächlich nachweisen zu können.

Auch sollte das wettertechnisch der schönste Tag der Woche werden - somit musste ich ihn zum Birden nutzen. Überhaupt finde ich, sollte sich das After Work Birden deutlich als "Trendsportart" etablieren. Schließlich berichtete schon Die Welt vor einigen Monaten über diesen Trend.

 

So, zurück zum Exerzierplatz. Kaum angekommen und mein Equipment aus der Tasche geholt konnte ich nah an mir einen selten gehörten Gesang vernehmen. Ein schneller Griff zum Fernglas - und tatsächlich: da sang mich ein Gartenrotschwanz an. Während man den Hausrotschwanz als Kulturfolger mittlerweile in allen Städten sehen kann ist der Gartenrotschwanz doch sehr viel seltener. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass dieser sich so schön im Licht präsentiert. So schön und so nah konnte ich tatsächlich noch nie einen beobachten. Schon hat sich der frühe Feierabend gelohnt!

Turmfalke Eurasian Kestrel during Birding
Turmfalke (Falco tinnunculus)

Leider immer noch kein Wiedehopf in Sicht. Während der Brutzeit herrscht auf dem Exerzierplatz Betretungsverbot und ich bin tatsächlich überrascht, dass es heuer auch relativ viele Besucher gibt, die sich daran zu halten scheinen. Selbstverständlich ist das auf keinen Fall, auch wenn alle paar Meter eigentlich ein Schild steht und darauf hinweist. Man kann aber um die offene Fläche herum laufen auf Wegen, die nicht gesperrt sind und hat eigentlich immer einen guten Blick auf den Exerzierplatz. Einen Wiedehopf mit seiner deutlichen Flügelzeichnung und der auffälligen Haube würde man von weitem erkennen können.

Ich habe mehrere potentielle Sitzwarten wie Altgehölze und Steinhaufen überprüft, leider ohne Erfolg. Also weiter um den Exer, vielleicht habe ich noch Glück. Auf einem Baum in der Nähe konnte ich ein schönes Turmfalken-Männchen entdecken, das grade nach Nahrung ausschau gehalten hat. Im weiteren Verlauf ist er immer wieder über die Offenfläche geflogen, hat gerüttelt und schließlich auch die eine oder andere Maus geschnappt.

Black Redstart on a branch
Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros)

Nur ein paar Meter weiter war ein schönes Hausrotschwanz-Männchen am Mücken fangen. Er ließ mich sogar relativ nah ran kommen. So nah, dass ich dieses schöne Foto machen konnte. Er saß im perfekten Licht und hat dann noch angefangen zu Singen, mit dem typischen "Knick" vor jeder Strophe. Übrigens, die passendste Beschreibung, die ich zum Gesang eines Hausrotschwanzes gelesen habe war "Wie wenn man die Nadel auf eine Schallplatte legt und losspielt". Klar, erst das Rauschen und Knistern, dann der Gesang.

Mönchsgrasmücke Blackcap with nesting material
Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla)

Nicht weit entfernt hat ein Grünspecht auf dem Boden nach Ameisen gesucht. Kaum hat er mich entdeckt hat er Specht-Typisch "gelacht" und ist davon geflogen. Und weiterhin kein Wiedehopf. Nur die zur Zeit allgegenwärtigen Zilpzalps, Fitisse und sogar ein Waldlaubsänger war zu hören.

Auch konnte ich zu meinem Erstaunen und zur großen Überraschung überall am Exerzierplatz neben den Haus- auch die Gartenrotschwänze ausmachen. Mindestens vier, es dürften aber wesentlich mehr gewesen sein. So eine hohe Zahl hatte ich hier noch nie gesehen. Wahrscheinlich war es mit der Zugzeit verbunden - aber ich werde in ein paar Wochen nochmal nachprüfen gehen. Sollten sie dort bleiben und vielleicht sogar brüten wäre das ein schönes Zeichen, schließlich steht der Gartenrotschwanz im Gegensatz zum Hausrotschwanz auf der Vorwarnliste für die Rote Liste.

Neben dem geschäftigen Treiben der Rotschwänze konnte ich auch viele Mönchsgrasmücken ausmachen. Das von mir fotografierte Männchen war schwer damit beschäftigt, Nistmaterial zusammen zu suchen.

Da ich jetzt den Exerzierplatz einmal umrudent hatte und immer wieder den Innenbereich intensiv abgesucht habe musste ich mich wohl mit dem Gedanken abfinden, dass es nur bei dieser "Angeblich-Sichtung" des Wiedehopfes bleiben sollte. Schade. Sehr viele Elstern bevölkerten den Exerzierplatz, dort sind auch viele kugelförmige Elster-Nester in den Bäumen zu sehen. Somit tröstete mich der Gesang einer Goldammer darüber hinweg, dass ich immernoch keinen Wiedehopf auf meiner Deutschland-Liste haben sollte - bisher nur auf Mallorca und Gran Canaria gesehen, aber noch nie in Deutschland. Aber: Halb so wild, schließlich sind die vielen Gartenrotschwänze auch was wert!

 


Kommentar schreiben

Kommentare: 0