Teil I: Bucher landgraben am flughafen nürnberg
Nachdem ich meine Frau Samstag Morgen um sieben zum Nürnberger Flughafen bringen musste, habe ich das frühe Aufstehen und den Tag zum Birden genutzt. Überraschender Weise bietet sich die nähere Umgebung des Nürnberger Flughafens tatsächlich sehr gut zum Birden an.
Als Ausgleichsmaßnahme durch den Ausbau des Flughafens wurde direkt daneben ein Biotop geschaffen, das vielen Vögeln sehr viele Möglichkeiten bietet. So ist der Bucher Landgraben, der direkt neben dem Flughafen fließt an einigen Stellen zum Auwald oder Schilfwald ausgebaut. Darin brüten viele Arten wie Teichhuhn, Blau- und Braunkehlchen.
Ich begann meine Begehung direkt auf Höhe der Rollbahn. Hier stehen auf einer Wiese zwei lockere Hecken. In einer der beiden Hecken saß ein Mäusebussard, der wohl darauf wartete, dass der Tag noch wärmer wird und mehr Thermik bietet. Aus der anderen Hecke war ein Eichelhäher zu hören.
Sehr viel überraschter war ich, dass ich tatsächlich drei Grasmücken-Arten auf einmal in einem Busch entdecken konnte. So hat tief im Busch eine Mönchsgrasmücke gesungen. Direkt daneben hat sich eine Dorngrasmücke versteckt. Ganz oben auf dem Busch, auf "hoher Sitzwarte" saß noch eine Klappergrasmücke und hat laut gesungen.
Neben den drei Grasmückenarten war sicherlich eines der Highlights, dass ich meinen ersten Feldschwirl 2017 gehört habe. In einem dichen Schilfstück konnte ich seinen Ruf ausmachen, der an eine schnell laufende Nähmaschine erinnert. Ich war noch auf der Suche nach Blaukehlchen, die hier ebenfalls brüten, leider ohne Erfolg. Dafür aber ein Teichhuhn mit zwei Jungen.
Nebenan, auf einem Baum auf dem Flughafenparkplatz saß ein Bluthänfling
und war dabei, seine Federn zu sortieren.
Der Bucher Landgraben trennt das Flughafengelände vom Nürnberger "Knoblauchsland", einer landwirtschaftlich intensiv genutzer Fläche. Hier wird viel Gemüse angebaut, die Felder erstrecken sich über viele Quadratkilometer nördlich von Nürnberg. Viele Arten, die offene Flächen zum Brüten brauchen versuchen hier immer wieder ihr Glück. So sind mit Sicherheit immer Kiebitze zu beobachten, die auch regelmäßigen Bruterfolg zu haben scheinen. Ich bin wohl einem Gelege zu nahe gekommen, da mich ein aufgebrachter Kiebitz mit Scheinangriffen und aufgeregtem Rufen von seinem Nest ablenken wollte. Dieses aggresive Verhalten ist bei Kiebitzen gut bekannt - und ich habe mich schnell wieder entfernt, um ihn zu beruhigen.
Neben Bachstelzen und Wiesenschafstelzen bieten die großen Ackerflächen auch Braunkehlchen den optimalen Lebensraum. So konnte ich zwei Braunkehlchen dabei beobachten, wie sie von den umgepflügten Äckern immer wieder ins Schilf und zurück flogen. Das Schilf wurde auch als Singwarte genutzt.
Auf meinem Weg zurück zum Auto war ich über die Ausbeute des bisherigen Tages sehr glücklich - über 30 Arten nur am Flughafen. Klar, darunter viele "Allerweltsarten" wie Fitis, Zilpzalp, Bluthänfling, Girlitz, Mehl- und Rauchschwalben oder Teichhühner - aber auch einige Spezialisten wie Kiebitz, Braunkehlchen oder Feldschwirl. Kurz neben dem Parkplatz war eine offene Wiese, auf der sich eine große Gruppe Wacholderdrosseln zur Nahrungssuche eingefunden haben. Diese Fotogelegenheit habe ich mir nicht entgehen lassen.
Teil ii: Bucher landgraben in höfles
Auf dem Weg nach Hause bin ich durch das Knoblauchsland weiter den Bucher Landgraben entlang gefahren zum Weiher bei Höfles, der auch in den Gebieten beschreiben ist. Viel Los war diesmal nicht. In der Weihermitte war ein Graureiher dabei, einige Fische aus dem Wasser zu holen. Ich habe mein Auto am Ufer geparkt, von dem aus man einen ziemlich guten Überblick über den ganzen Weiher hat. Es ist immer wieder überraschend, dass Vögel zwar auf Menschen scheu reagieren, mit Autos aber kaum Probleme haben. So kann man, wenn es die Umgebung zulässt mit dem Auto auf weniger Meter an den Vogel heran fahren, ohne das dieser auffliegt. Diesmal habe ich mich im Auto in guter Fotodistanz zu einem Flussregenpfeifer befunden, der dort wohl schon seit einigen Wochen zu finden ist.
Die einzigen Limikolen, die sonst noch vertreten waren, waren Kiebitze, bei denen sich Nachwuchs eingestellt hat. So hatten mindestens drei Altvögel zwei bis drei kleine "Fellkugeln" bei sich. Die erst von einigen Tagen geschlüpften Jungvögel waren tapfer dabei, ihre Umgebung zu erkunden - immer unten den wachsamen Blicken der Eltern. Nebenan hat eine Gruppe Graugänse im Gras gerastet, eine fehlfarbene Gans (wohl Grau x Hausgans) war unter ihnen. Rings herum haben mehrere Feldlerchen gesungen. Das Highlight für diesen Spot war aber der erste Mauersegler, den ich für 2017 aufzeichnen konnte. Schön, dass diese Sommerboten so langsam zurück kommen.
Teil iii: Industriegebiet "schmalau" bei nürnberg
Nicht weit von Höfles befindet sich ein kleines Industriegebiet mit dem Namen "Schmalau". Das Gebiet wird von einer Reihe kleiner Teiche durchzogen. Von diesen Teichen wurden in den letzten Tagen mehrere interessanten Vögel gemeldet, u.a. auch ein Feldschwirl und eine Nachtigall. Ich wollte hier dringend nachsuchen gehen. Als Erstes ist mir aber aufgefallen, dass wohl einige Stockenten-Familien hier zu brüten scheinen. So waren drei Pärchen mit bis zu 12 frisch geschlüpften Küken auf den Weihern unterwegs.
In den Bäumen um die Teiche waren jede Menge Mönchsgrasmücken zu hören. Außerdem waren einige Wacholderdrosseln in hellster Aufregung. Schon bald habe ich den Grund für diese Aufregung gefunden. Da saß tatsächlich ein Wacholderdrosseln-Ästling auf einem Ast. Die Altvögel haben wohl den Terz gemacht weil ich mich zu nah an ihr gelege gewagt habe. Unter großem Protest ging ich weiter, ich war auch froh, dass ich nicht durch Kotangriffe "bekackt" worden bin - was für diese Vogelart durchaus ein bekanntest Verhalten ist. Über die offenen Felder, die an das Industriegebiet angrenzen hat ein Turmfalke seinen Kreise gedreht, aus der Ferne war ein Fasan zu hören. Auch hier war ein Teichhuhn in einem der Weiher damit beschäftigt, seine zwei Jungen im Schilf in Sicherheit zu bringen, als ich mich genähert habe. Meine Aufmerksamkeit war auf eine Dorngrasmücke gerichtet, als ich plötzlich einen sehr intensiven, lauten und variantenreichen Gesang vernommen habe. Und tatsächlich, auf einem Baum vor mir saß im dichten Geäst eine Nachtigall und sang. Zwar habe ich den Feldschwirl nicht mehr gehört, geschweige denn gesehen - aber die erste Nachtigall in 2017 war auch schon einiges Wert.
teil iv: Wellersweiher bei kosbach
Der Wellersweiher in Kosbach, einem Stadtteil von Erlangen gehört zu einer kleinen Weihergruppe, die dazu genutzt wird, die örtlichen Karpfen- und Fischrestaurants zu versorgen. Jedoch sind sie ab und an Mal einen Birding-Besuch wert. So können viele verschiedene Entenarten angetroffen werden. Höckerschwäne brüten hier ebenso wie Haubentaucher. Auch sind oft Zwergtaucher anzutreffen. Im Regelfall ist das Gebiet auch von Lachmöwen bevölkert, durch die dörfliche Umgebung finden auch Rauch- und Mehlschwalben viele Nistmöglichkeiten und nutzen die Weiher zur Futtersuche.
Das Highlight ist aber, dass seit ca. 5 Jahren jedes Mal wieder "Lonesome George" zurück kommt, der einzige Rothalstaucher im Umkreis von knapp 100 km. Das Verbreitungsgebiet der Rothalstaucher liegt eigentlich viel weiter Nordöstlich in Ostdeutschland und an der Ostsee. Das Brutgebiet umfasst das Baltikum und Skandinavien. Nichtsdestotrotz kommt "George", wie er überregional genannt wird jedes Jahr zuverlässig an den Wellersweiher, um hier zu balzen. Schon ein bisschen traurig, oder? Da zieht er also Jahr für Jahr seine Runden über den Weiher und ruft, so laut er kann. Und Jahr für Jahr wird er von keinem Weibchen angehört - wie denn auch, das nächste ist viele Hundert Kilometer entfernt. Aber das scheint George nicht zu verstehen - was die Birder der Gegend wiederum freut.
Um den Rothalstaucher nicht vom verwandten Haubentaucher zu verwechseln sollte auf einige Details geachtet werden. Im Prachtkleid ist das sicher kein Problem: während der Rothals einen roten Hals und eine gelbe Schnabelbasis hat, ist der Haubentaucher an den markanten "Federohren", dem hellen Hals und dem schwarzen Schnabel zu erkennen. Im Schlichtkleid ist das schon eher tricky, jedoch ist Hals- und Schnabelbasisfarbe auch dann ein sicherer Indikator.
Da er wohl auch nicht besonders scheu zu sein schient konnte ich mich an dem Weiher hinter einem Baum positionieren, um ihm beim Balzen filmen zu können. Zum Ende des Videos ist sein typischer Ruf zu hören.
teil v: teiche um schloss neuhaus
Nach dem Wellersweiher habe ich den Nachmittag an den Teichen rund um Schloss Neuhaus verbracht. Die Teichanlagen gehörten zu dem Wasserschloss aus dem 17. Jahrhundert. Viele der Teiche sind von einem breiten Schilfgürtel gesäumt. Hier brüten viele Wasservögel, auch sind in den Schilfanlagen viele Spezialisten für diesen Lebensraum zu finden. Durch den benachbarten "Aischer Karpfengrund" sind auch viele Raritäten wie Purpurreiher und Seeadler häufige Besucher.
Neben zahlreichen Entenarten wie Schnatter-, Reiher-, Tafel- und Stockenten waren sehr viele Lachmöwen anwesend. Auf einem der Weiher konnte ich außerdem eine Großmöwe entdecken. Leider war es eine im ersten oder zweiten Jugendkleid, somit fällt die Bestimmung exterm schwer. Durch den großen, schwarzen Schnabel und aufgrund der Wahrscheinlichkeit, im Binnenland auf eine Großmöwe zu treffen würde ich sie als Steppenmöwe deuten - aber ich kann mich auch, wie so oft bei subadulten Großmöwen, irren.
Während ich weiter durch das Teichgebiet unterwegs war und neben einigen Gansarten wie Grau-, Kanada- und Nilgans auch wieder die "üblichen Verdächtigen" wie Rauchschwalben, Fitise, Zilpzalps, Bach- und Wiesenschafstelzen getroffen habe, konnte ich am Himmel einige Greifvögel ausmachen. Darunter war ein Schwarzmilan, ein Mäusebussard, ein Turmfalke und auch ein Rotmilan, der mich in geringer Höhe überflogen hat.
Obwohl das Gebiet für Limikolen zumindest im Frühjahr, wenn die Teiche gefüllt sind nicht die idealste Gegend sind, lohnt es sich immer, danach Ausschau zu halten. In diesem Fall hatte ich Glück, ich entdeckte über einem der Weiher die typische Flugsilhouette eines Watvogels. Als er am Ufer eines Teiches nieder ging und angefangen hat, mit dem Schwanz zu wippen war klar, dass es sich um einen Flussuferläufer handeln musste. Ein Blick durchs Spektiv bestätigte meine Annahme.
Es war Zeit, sich auf den Rückweg zu machen. Bevor es wieder zum Schlossgraben ging, welcher das Schloss auf drei Seiten umgibt lief ich an einem ausgedehten Schilfgürtel entlang. Plötzlich muss ich einen Reiher aufgeschreckt haben, der im Schilf auf Nahrungssuche war. Wenige Meter von mir flog er auf. Erst habe ich mit einem Graureiher gerechnet. Jedoch sind mir erst seine Größe, dann auch seine sehr dunkle Färbung aufgefallen. Sehr erstaunt habe ich feststellen müssen, dass es ein Purpurreiher war. Diese sehr, sehr seltene Reiherart ist in Deutschland mit wenigen hundert Brutpaaren vertreten. Einige davon stammen aus dem fränkischen Aischgrund. Mein Erster für 2017 - und ich bin mir sicher, dass viele Birder in Deutschland sich freuen würden, überhaupt Mal einen zu sehen. Somit: kommt nach Franken!
Eigentlich sollte das schon Highlight genug sein. Für den äußerst erfolg- und artenreichen Tag war das auf alle Fälle ein krönender Abschluss. Doch Stopp! Plötzlich habe ich aus dem Scholssgarten einen seltenen aber mir wohl bekannten und unverwechselbaren Ruf gehört. "Huup-Huup-Huup!" Kann es denn sein? Ich habe fast schon panisch versucht, die Stelle auszumachen, aus der das Geräusch kam. Jedoch konnte man sehr schlecht über den Schlossgraben in den dahinter liegenden Schlossgarten einsehen. Nochmal "Huup-Huup-Huup!" - Ganz klarer Fall, es musste ein Wiedehopf sein! Ich lief um das Schloss herum, Richtung Haupteingang. Das Personal, welches das Schloss verwaltet und in Schuss hält gewährte mir auf Nachfrage Eintritt in den Schlossgarten. Von innen war der Garten deutlich kleiner als angenommen. Viele alte Obstbäume standen dort, eigentlich ein guter Lebensraum für Wiedehöpfe. Ich habe den ganzen Garten um das Schloss herum abgesucht, in der Hoffnung, den Vogel mit der markanten "Punk-Frisur" zu finden und fotografieren zu können. Leider fehlte jede Spur von ihm. Auch sollte es bei den zwei Rufen bleiben, die ich gehört hatte. Sehr schade, aber nicht weiter schlimm: der so markante Ruf genügte vollkommen, um ihn sicher identifizieren zu können.
Alles in allem ging so ein sehr erfolgreicher Tag zu Ende, an dessen Ende ich 128 Sichtungen vorweisen konnte.
Kommentar schreiben
giardino (Mittwoch, 30 August 2017 07:53)
Was für ein erfüllender Tag! Und danke, dass du einem Anfänger-Birder hier so viele lohnenswerte Plätze quasi vor der Haustür zeigst. (Apropos, am Bucher Weiher habe ich heute erstmals einen Grünschenkel gesehen, wie er hektisch über den Uferschlamm lief.)